Heute etwas in der Hand zu halten, das nach Papier riecht, bedeutet, mehr als nur Material zu spüren. Hier verbirgt sich ein stiller Akt des Widerstands gegen das Flüchtige. Die Welt ist schnell und rasant bekommt so mancher das Gefühl, nicht mehr mithalten zu wollen oder zu können.
Worte sind heute zumeist Datenpakete und Bilder leuchten nur für Sekundenbruchteile auf und schaffen es nur selten, zu unserer Erinnerung vorzudringen. Das Analoge hat seine Kraft zurückgewonnen, weil das Digitale eben nicht halten konnte, was es versprochen hat.
Der handgeschriebene Brief, ein Buch, in dessen Gestaltung ebenso viel Zeit wie in den Inhalt geflossen ist oder ein Plakat, das auf einen Blick seinen Inhalt verrät – diese Besonderheiten stehen für die Dinge, die im digitalen Rauschen oder mit dem kaputten PC gerne verloren gehen. Hier geht es um die Sorgfalt, um Dauer und damit auch um eine gewisse Haltung. Wer druckt, der meint es ernst.
Ein Ausdruck der Aufmerksamkeit
Professionelle Druckprodukte sind mehr als eine Reproduktion, sie sind der Ausdruck der Aufmerksamkeit und ein Bekenntnis zu einer Form, zur Sprache und zum Gedanken. Jede typografische Entscheidung, jedes Papierformat und jede Faser tragen einen Teil der Verantwortung für die Inhalte, die sie transportieren. Das Digitale ist allgegenwärtig und gewichtslos. Gerade deshalb bekommt das Gedruckte wieder Gewicht.
Eine wohltuende Ästhetik der Entschleunigung
Ein Buch aufschlagen, ein Magazin sorgfältig studieren oder ein Plakat auf seine Feinheiten hin untersuchen. Wer das macht, der nimmt sich Zeit. Das kommt in der heutigen Zeit der andauernden Beschleunigung schon fast einer kleinen Provokation bei. Das Innehalten zwingt zur Konzentration, zum Lesen mit den Fingern und zum Sinnieren.
Dieses Bedürfnis spiegelt sich in der österreichischen Kunst- und Kulturlandschaft schon lange wider. Ob Theater, Galerie, Universität oder kleiner, spezialisierter Verlag, alle setzen sie wieder auf die gedruckte Publikation. Das geschieht freilich nicht aus Nostalgie, sondern als bewusstes Gegengewicht zur digitalen Entwertung von Sprache und Bild. Schnell erweist sich so das Programmheft als weit mehr als nur Information. Es ist ein Erinnerungsträger, ein Souvenir und ein Archiv.
Mit der Haptik kommt die Haltung
Der Griff zum Papier ist eine Geste, denn wer sich für den Druck entscheidet, will nicht das flüchtige Like und hofft nicht auf den algorithmischen Zufall. Druck ist die Bekenntnis zur Dauer. Die Haptik ist so eine Form der Haltung, sowohl kulturell, ästhetisch als auch politisch.
Das Berührbare entzieht sich der Kontrolle des Digitalen. Das Buch kann weitergereicht werden, das Plakat kann an einer exponierten Stelle aufgegangen werden. Diese Dinge wandern, sie tragen Spuren davon und bekommen eine Patina. Mit jeder Berührung verändert sich aber nicht nur das Aussehen, auch die Bedeutung erfährt einen Wandel.
Papier ist so stark, weil es verletzlich ist. Es reißt, vergilbt, wellt sich. Doch ist das nicht der Zauber von Papier? Es erinnert daran, dass alles, was einen Bestand und einen Wert hat, auch eine Geschichte in sich trägt.
Das Drucken ist, jenseits aller technischen Entscheidungen, eine ethische Frage zur Substanz statt der Oberfläche und zur Verantwortung satt des Vergessens. Papier ist damit ein kleiner Akt der Selbstbehauptung. Es ist hier und es sagt, ich bleibe.
